Theatrale Widerständigkeit hat viele Erscheinungsformen und verweist auf ein komplexes Wechselspiel von Subversion und Affirmation: Auf der einen Seite steht „Gegen-Verhalten“ im Sinne von Normbruch, Verweigerung und Protest. Auf der anderen Seite können widerständige Praktiken den Modus der Nonkonformität ins Gegenteil verkehren und mit hyperaffirmativen, d.h. mit überbejahenden Strategien agieren. Widerständige Praktiken können dabei sowohl die großen Gesten einfordern als auch in ‚soften‘, fast unsichtbaren Mikropraktiken kritisch wirksam werden. Arbeiten der Appropriation Art mit manipulierten Plagiaten oder kalkulierte Shit- oder Candystorms in medialen Kontexten sind mögliche Beispiele und Folgen, die aufzeigen, wie ästhetische Aufmerksamkeit generiert und verfestigte Machtasymmetrien in Bewegung gebracht werden können. 

Auch dem spezifischen Genre der künstlerischen Intervention ist eine grundsätzliche Ambivalenz eingeschrieben: Sie wirkt als Unterbrechung und Vermittlung zugleich. Ideengeschichtlich bedeutsam wurde sie zunächst im Kontext militärischer und politischer Operationen. Bei ihrer späteren Begriffsmigration in künstlerische Kontexte etablierten sich bestimmte Spezifika: Interventionen, so heterogen sie in ihren konkreten Ausführungen auch sind, erfolgen in der Regel ohne Auftrag, sind flüchtig, bewegen sich an den Rändern zur Illegalität. Sie verfolgen eine potenziell gemeinschaftsstiftende Agenda ‚von unten‘, zeigen alternative soziopolitische Räume auf. Das experimentelle und explorative Potenzial von Interventionskunst im Theater soll Gegenstand unserer Überlegungen sein.