Wie kaum eine andere Kunstform ist Musik an Bewegungen gebunden. Sei es der Klang eines einzelnen Akkords, eine sich intensivierende Bogenbewegung oder die dynamische Gestaltung eines ausdrucksvollen Gesangs: Musik ist immer ›auf der Fahrt‹, motorisch-lebendig, sich selbst gegenüber verschoben. Sie entsteht in Zwischenräumen und entzieht sich einem griffigen theoretischen Vokabular, das ihre Streifzüge durch vibrierende Oberflächen und in Resonanz versetzte Körper begrenzen und definitorisch stillstellen will. Dennoch drängt sich die Frage nach dem Wesen der musikalischen Bewegung sowohl in der musikalischen Praxis, als auch in der musiktheoretischen Reflexion permanent auf: Inwiefern handelt es sich bei musikalischen Bewegungen um ein ›Phänomen‹? Wie lassen sie sich im Zwischenraum von Aufführung, Partitur und Publikum verorten? Auf welche Weise können musikalische Bewegungen mit philosophisch-wissenschaftlichen Bewegungstheorien und historischen Entwicklungen der Kompositionsgeschichte in Beziehung gesetzt werden? Ausgehend von einer Lektüre einschlägiger philosophisch-phänomenologischer Literatur (Husserl, Merleau- Ponty, Heidegger), sowie durch die Auseinandersetzung mit instrumentaltechnischen Fragen und Methodiken musiktheoretischer Analyse sollen im Seminar Grundzüge eines phänomenologischen Denkens der musikalischen Bewegung skizziert und praktisch evaluiert werden. Hierzu können – nach einführenden Vorüberlegungen – philosophische Texte mit konkreten Werkausschnitten in Beziehung gesetzt werden, die von den Seminarteilnehmer*innen aufgeführt und zur Diskussion gestellt werden.

Ein Reader mit Textmaterial, sowie eine ausführliche Musikauswahl werden zu Beginn des Seminars zur Verfügung gestellt.